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Das Marketing und seine Entwicklung sind für viele ein Buch mit sieben Siegeln. Erst kürzlich sind wir von gleich zwei Unternehmern gefragt worden, was wir denn unter Marketing 3.0 verstünden und wer diese Nummerierungen überhaupt durchsetze. Gute Fragen.

Die Antworten darauf finden wir in einem Buch von Philip Kotler, das den Titel „Marketing 3.0“ trägt. Kotler ist der erste, der diese Bezeichnung verwendet und auch die Entwicklung dahinter erklärt. Die zieht sich von einem Marketing, in dessen Mittelpunkt ein Produkt steht (1.0), über eines, das den Fokus auf den Kunden richtet (2.0), bis zu einem „humanistischen“ Marketing (3.0), einem also, in dem der Kunde zum Menschen wird – in all seinen Facetten und mit Geist und Herz gleichermaßen. Die Folge für ein Unternehmen aus alledem ist, Produkte, Dienstleistungen und Unternehmenskulturen zu entwickeln, in denen sich die menschlichen Werte widerspiegeln.

Vor einigen Wochen hat Kotler nun ein neues Buch nachgelegt, eines, das von Marketingfachleuten gespannt erwartet wurde. In diesem Buch geht es um die Konvergenz von Technologie und Realität und darum, wie diese Konvergenz das Marketing in aller Welt erneut tiefgreifend verändert hat. So geht es um Trends wie die Wirtschaft des Teilens, um die „Now Economy“, um eine Omnichannel-Integration, um Content Marketing, Social CRM und vieles andere mehr. Die These Kotlers ist dabei, dass die Konvergenz der Technologien auch zu einer Annäherung des digitalen und des traditionellen Marketings führen werde. Je sozialer wir werden, desto mehr sehnen wir uns nach Produkten, die maßgeschneidert für uns entwickelt wurden. Oder von Unternehmerseite her gedacht: je genauer wir unsere Kunden analysieren, desto personalisierter können unsere Produkte und Dienstleistungen angeboten werden.

In der Übergangsphase, in der wir uns befinden, ist nun ein neuer Zugang zum Marketing gefragt, einer, der sich an die Wege anpasst, die Konsumenten in der digitalen Welt zurücklegen, und sie auf diesen Wegen begleitet. Schon daran erkennt man, dass das neue Buch Kotlers im Grunde genommen eine Vertiefung und Erweiterung des „humanistischen“ Marketings ist, nachdem das Menschliche jede Etappe dieser Reise des Kunden prägt. Der Autor erklärt deshalb auch im Detail, wie die Produktivität des Marketings gesteigert werden kann, indem man die Wege der Kunden durch die digitale Wirtschaft genauestens studiert.

Wir persönlich sehen den wahren Erkenntnisgewinn des Buches dagegen in der Omnichannel-Strategie, die wir in unserer Agentur bereits seit Jahren erfolgreich verfolgen und für die Kotler neue Messparameter und einen gänzlich neuen Zugang zum Marketing beschreibt. Daraus entwickelt der Autor Strategien für ein Marketing 4.0, das sich aus dem „humanistischen“ Marketing heraus entfaltet. Im Mittelpunkt steht dabei die Vermenschlichung einer Marke, indem man ihr quasimenschliche Eigenschaften zuweist. Darin besteht die eigentliche Aufgabe des „humanistischen“ Marketings.

Zugleich ist es aber – immer laut Kotler – auch notwendig, die menschlichen Seiten eines Brands aufzuzeigen, damit die Kunden eine Bindung dazu aufbauen können. Um zu wissen, welche menschlichen Seiten dabei ankommen, nimmt der Autor menschliche Leader unter die Lupe, die über keine formelle Autorität verfügen. Was macht sie in den Augen ihrer Mitmenschen attraktiv? Kotler kommt auf mehrere Eigenschaften, die solche Leader in sich vereinen: ihre physische Präsenz, ihr Sozialverhalten, Emotivität, Zuverlässigkeit und Moral. Weist ein Mensch all diese Eigenschaften auf, gilt er als komplett und wird zum Vorbild, das es zu imitieren gilt. Daraus folgert Kotler, dass Brands, die sich ihren Kunden als Freunde präsentieren wollen, über genau diese Eigenschaften verfügen müssen.

Fazit ist also, dass in einer neuen „humanistischen Ära“ Marken immer stärker menschliche Eigenschaften annehmen müssen, um Kunden zu begeistern. Der Prozess beginnt dabei mit gutem Zuhören, detaillierten Messungen und einer empathischen Forschung, mit Hilfe derer latente Bedürfnisse und Wünsche der Kunden ans Licht gebracht werden. Auf diese gilt es, die Marke einzustellen, und zwar durch die Entwicklung der oben genannten menschlichen Eigenschaften. Marken müssen physisch attraktiv sein, sie müssen die Konsumenten intellektuell ansprechen, sozial binden und auf Gefühlsebene einladend sein. Und dass dazu eine herausragende Zuverlässigkeit und ein ausgeprägter moralischer Kompass kommen müssen, liegt auf der Hand.