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Zählt in der Wirtschaft nur die Profitmaximierung oder können sich Unternehmen auch andere Ziele stecken? Und falls ja: Können sie damit erfolgreich sein? Diesen Fragen ist das EOC Forum 2022 vor wenigen Tagen im NOI Techpark in Bozen nachgegangen. Dabei wurde nicht nur das Modell der Benefit Corporation vorgestellt, sondern zugleich auch zwei international erfolgreiche Unternehmen dieser Ausrichtung.

Das EOC Forum wurde von der EOC GmbH – Benefit Corporation ins Leben gerufen. Diese ist aus der Leiferer Genetica Group hervorgegangen, die seit rund 30 Jahren im Bereich der Unternehmens-, Kommunikations- und Marketingberatung aktiv ist und das Modell der Benefit Corporation einem weiteren Publikum bekannt machen wollte. Mit Erfolg: Das Interesse am ersten EOC Forum war groß, und zwar nicht nur unter jenen, die ihr Unternehmen bereits nach den Kriterien von Nachhaltigkeit, Verantwortung und Ethik ausrichten, sondern auch unter jenen, für die das neue Unternehmensmodell noch eine Unbekannte war.

Wie beim EOC Forum betont wurde, ist das Modell der Benefit Corporation eines, das künftig eine immer größere Rolle in der Wirtschaft spielen werde, weil auch Werte wie Vertrauen und Transparenz immer wichtiger würden. Diesem Wandel müssten sich auch Unternehmen stellen, die sich selbst als lebende Organismen begreifen müssten, die sich selbst ordnen und bis zu einem gewissen Grad auch autonom verwalten.

Wie diese neue Art des unternehmerischen Denkens in die Praxis umgesetzt werden kann, haben die Experten von EOC bei ihrem Forum erläutert. Sie haben zudem aufgezeigt, wie sich vor allem kleine Unternehmen beim Umbau ihres Organisationsmodells unterstützen lassen können, damit am Ende eine neue Beziehung des Unternehmens zu Mitarbeitern, Kunden, Zulieferern und der Gesellschaft steht.

Als Gastredner hatte EOC zwei internationale Aushängeschilder von Benefit Corporations für sein Forum gewonnen: Jos de Blok und Francesco Mondora. Der gelernte Krankenpfleger de Blok ist Gründer und CEO von Buurtzorg, einer Organisation mit der das System der Hauspflege in den Niederlanden völlig umgekrempelt worden ist. 2006 mit vier Mitarbeitern gestartet, beschäftigt Buurtzorg heute 10.000 Mitarbeiter und betreut mehr als 70.000 Pflegebdürftige.

Schon allein diese Zahlen haben das Interesse von Unternehmensberatern und Organisationsexperten aus aller Welt auf das Unternehmen in den Niederlanden gelenkt. De Blok selbst erklärte den Erfolg seines Unternehmens in Bozen damit, dass es den Mitarbeitern weitgehende Autonomie zugestehe und so nicht nur deren Leben bereichere, sondern auch jenes der Betreuten. Der Erfolg von Buurtzorg sei demnach laut de Blok auch nicht an Umsatz oder Mitarbeiterzahlen zu messen, sondern allein daran, wie es die Lebensqualität von Menschen verbessere.

Auch hier sprechen die Daten eine klare Sprache. So genesen von Buurtzorg betreute Patienten schneller, leben länger und zufriedener und müssen weniger Medikamente und Therapien in Anspruch nehmen. Wie das zu schaffen sei, erklärte de Blok, indem er auf die Zuneigung verwies, die man den Patienten zukommen ließe, auf die Beachtung, die man ihnen schenke, und darauf, dass man den Pflegeberuf wieder menschlicher gemacht habe.

Erreicht worden sei dies durch Teams aus jeweils zwölf Pflegekräften, die sich selbst organisierten und so ihren Patienten besonders nahe sein könnten. In einer derart familiären Struktur könnten Bedürfnisse schneller vorweggenommen und flexibler befriedigt werden.

Francesco Mondora ist dagegen der Gründer eines seinen Nachnamen tragenden Veltliner IT-Unternehmens, das nicht in der Gewinnmaximierung seinen Daseinszweck sieht, sondern darin, alle Beteiligten wachsen zu lassen: kulturell, emotional, spirituell. So gibt es bei Mondora keine Hierarchien und keine Bürokratie. Während Entscheidungswege in traditionellen Unternehmen also pyramidenförmig aufgebaut sind, verlaufen sie bei Mondora in Kreisen, in die alle Mitarbeiter eingebunden sind – auch in jene über mögliche Gehaltserhöhungen oder über die Aufnahme neuer Mitarbeiter.

Anstatt also Mitarbeiter zu haben, hat Mondora – wie er selbst sagt – Kolleginnen und Kollegen, erwachsene Menschen, die Verantwortung für ihr Unternehmen übernehmen. Entsprechend groß ist auch der Einsatz für die Lebensqualität aller bei Mondora Tätigen – und für jene der Gesellschaft, die sie umgibt. So wird etwa pro zehn Mitarbeitern je ein Bauer beschäftigt, der eine Fläche bearbeitet, die Mondora gepachtet hat. Die Ernte, die auf den Mondora-Flächen erzielt wird, wird dann unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufgeteilt. Und noch einen Zweck erfüllen die landwirtschaftlichen Flächen, wie Mondora in Bozen erzählte: Sobald einer der Mitarbeiter spüre, dass ihm die IT-Arbeit über den Kopf wachse, könne er sich eine Auszeit nehmen und zum Ausgleich bei der Bearbeitung der Felder mithelfen.

Die innovativen Ansätze, die de Blok und Mondora beim EOC Forum 2022 vorgestellt haben, kennen demnach kaum Grenzen, manch einer wurde vom Publikum auch mit Skepsis aufgenommen. So ist es kein Wunder, dass im Dialog zwischen den beiden Unternehmen und dem Publikum eine ganze Menge Fragen aufgeworfen worden sind.

Abgeschlossen wurde das EOC Forum 2022 mit einer Vorstellung der Nachhaltigkeits-Strategie, die die Südtiroler Landesregierung auf den Weg gebracht hat. Dies auch, um die Unternehmer in Südtirol an die Verantwortung zu erinnern, die sie an diesem Wandel tragen und die sie erfüllen können, wenn sie sich an Ethik, Nachhaltigkeit und Achtung vor Land und Leuten orientieren.

Jos de Blok e Francesco Mondora:

Jos de Blok

Francesco Mondora